dbb magazin 1-2/2019 - page 16

Daseinsvor­
sorge war und ist
die Menschenbezogenheit
auf allen Seiten – und wird
dies auch bleiben.“ Er blicke
trotz Personalmangel und De­
mografieknick im öffentlichen
Dienst überwiegend positiv in
die Zukunft: „All das bietet
auch Chancen für Umstruktu­
rierungen und Neuprofilie­
rung.“
Zur Repräsentanz und zum
Fortkommen von Frauen im öf­
fentlichen Dienst unterstrich
Henneke, dass die Quote im
kommunalen Bereich durchaus
präsentabel sei, gleichwohl
aber noch „Luft nach oben“
habe. „AmWichtigsten ist, ste­
tig am Bewusstsein für dieses
Thema zu arbeiten. Und wir
müssen zusehen, dass wir
auch harte Führungspositio­
nen öfter mit Frauen besetzen
– bei allen besonderen organi­
satorischen Herausforderun­
gen, die diese Stellen in der
Regel auszeichnen.“ So sei es
etwa ein gutes Beispiel, wenn
in
Mecklen­
burg-Vorpommern
vor einiger Zeit in zwölf Land­
kreisen zwölf Kämmerinnen
arbeiteten.
Verfassungsrechtler Matthias
Pechstein, der den dbb als Be­
vollmächtigter im Verfahren
zum beamtenrechtlichen
Streikverbot vorm Bundesver­
fassungsgericht vertreten hat­
te, äußerte sich ausführlich zu
den Vorteilen des deutschen
Berufsbeamtentums. Das Bun­
desverfassungsgericht habe das
besondere Pflicht- und Treue­
verhältnis mit seiner Entschei­
dung gegen ein Streikrecht für
Beamtinnen und Beamte voll­
kommen zu Recht bestätigt.
Das Beamtentum sei zudem
keinesfalls starr und altmodisch
– im Gegenteil: „Für diesen Sta­
tus sprechen seine zeitlose
Fachkompetenz und die Flexibi­
lität“, die insbesondere dadurch
gewährleistet werde, dass die
Einkommens- und Beschäfti­
gungsbedingungen gesetzge­
berisch zu schaffen seien und
nicht – wie im Arbeitnehmerbe­
reich – ausgehandelt werden
müssten. Dies
sei ein Wert, stellte
Pechstein klar. Wer sich das
Beste aus zwei Welten heraus­
suchen wolle, demmüsse ge­
sagt sein: „Das wäre eine unzu­
lässige Rechtsoptimierung.
Man kann nicht alles haben.“
Weniger optimistisch als seine
Mitdiskutanten blickte Pech­
stein auf die Digitalisierung der
Verwaltung. „Dass wir eines
Tages von oben nach unten
kompatible Systeme mit durch­
gehend abrufbaren Daten ha­
ben werden, ist aller Wahr­
scheinlichkeit nach eine
Illusion.“ Die Digitalisierung
werde ein Flickenteppich blei­
ben, technisch und rechtlich,
so Pechstein. Dies sei unerfreu­
lich, „aber besser, man stellt
sich rechtlich darauf ein“. Er
plädierte dafür, nach Kräften
in die Schaffung gemeinsamer
Standards von Bund, Ländern
und Kommunen zu investieren,
„damit man wenigsten einiger­
maßen vergleichbare Systeme
etabliert“. Pechstein setzte sich
auch mit der Frage nach den
Ursachen einer gewissen
Staatsverdrossenheit auseinan­
der: „Ein Staat, der möglichst
vielen Interessen versucht ge­
recht
zu werden,
installiert dadurch an
vielen Stellen auch Blockaden.“
Als Beispiel nannte er den um­
fangreichen Katalog zustim­
mungspflichtiger Gesetze. „Wir
blockieren viele Dinge mit dem
ständigen Ausgleichswillen
und schaffen es vielfach nicht,
Effizienz zu organisieren. Das
sorgt für Missmut und wird
fälschlicherweise dem öffent­
lichen Dienst zugeschrieben,
der dafür ursächlich nur selten
etwas kann.“ So seien insbe­
sondere auf rechtlicher Ebene
Entbürokratisierung und die
Verschlankung von Verfahren
gefordert, so Pechstein.
<
Podiumsdiskussion:
Gleichstellung bedeutet
Mentalitätswandel
Zum Abschluss der 60. dbb
Jahrestagung diskutierte am
8. Januar 2019 eine hochkarä­
tig besetzte Runde vor dem
Hintergrund „100 Jahre Frau­
enwahlrecht“ über den Stand
der Gleichstellung in Deutsch­
land und die Situation von
Frauen im öffentlichen Dienst.
In ihrem Impulsvortrag unter­
strich Prof. Dr. Gesine Schwan,
Präsidentin der Humboldt-Via­
drina Governance Platform, die
Bedeutung des öffentlichen
Dienstes für ein „friedliches
und produktives Zusammen­
leben“. Wie in vielen anderen
Organisationen und Unterneh­
men gebe es aber auch hier die
Tendenz, Frauen eher dann in
Führungsverantwortung zu ho­
len, „wenn der Karren im Dreck
steckt“. Das sei ein Fehler.
„Macht ist nicht nur wichtig in
der Gegnerschaft. Macht ist
auch die Fähigkeit, Menschen
zusammenzuführen. Dieses
Verständnis ist bei Frauen aus­
geprägter“, so Schwans These.
In der anschließenden Diskussi­
on führte sie weiter aus: „Der
Geist der Konkurrenz – nicht
nur in Geschlechterfragen – ist
<
Jasmin Arbabian-Vogel
<
Thomas Eigenthaler
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dbb
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