dbb magazin 1-2/2019 - page 21

ren Bereich schnüffelt sie kurz
ohne irgendwelche Fundanzei­
chen. „Weiter rein lasse ich sie
nicht“, sagt Hilke Hinrichs und
schüttelt den Kopf. Eigensiche­
rung geht vor, auch beim
Diensthund. In solchen Fällen,
ebenso bei stark gegasten Con­
tainern, die die Kontrollbeam­
ten wegen der Gesundheitsge­
fahr nicht betreten sollten,
berät das Team, ob der betref­
fende Container noch von der
Röntgenanlage des Zolls durch­
leuchtet werden soll. In diesem
Fall nicht. Und schon macht
sich die Schäferhündin Nanni
über die nächste Ladung her:
ein Container voller Rum aus
Cuba. „Na, das riecht doch
schon angenehmer“, scherzen
die Zöllner. Doch auch das
Hochprozentige weckt bei Nan­
ni kein gesondertes Interesse,
sodass die Vierbeinerin und ihr
Team weiterziehen, von Contai­
ner zu Container, weiter und
immer weiter
<
Containerröntgen:
„Wir finden ständig was“
Auch einige Hundert Meter
Luftlinie weiter reißt der stetige
Strom der zu kontrollierenden
Container nicht ab. Etwa in der
Mitte der Stromkaje steht die
Terminal Mobile Röntgenanlage
(TMR) des Bremerhavener Zolls.
Die Anlage zählt zu den mo­
dernsten weltweit, seit 2016 ist
sie in Betrieb. In zwei Reihen
warten Container, die das TMR-
eigene Team Risikobewertung
zur Durchleuchtung angeord­
net hat. Mit 0,7 km/h fährt ein
mit einem Scan-Arm ausgestat­
teter Lkw an den Reihen vorbei
und übermittelt die Röntgenda­
ten via WLAN an die Auswerter
im Dienstgebäude nebenan.
Während des Durchleuchtungs­
vorgangs werden zwei weitere
Containerreihen aufgestellt, die
anschließend durchleuchtet
werden. „Der gesamte Prozess
inklusive der Zu- und der Rück­
führung der Container soll in
der Regel innerhalb von drei
Stunden erfolgen“, erklärt Sonja
Tolle, die Leiterin der Beschau-
und Röntgenprüfgruppe. 480
Durchleuchtungen wären mit
der Anlage rein technisch bin­
nen 24 Stunden möglich, aktu­
ell sei das Team bei 200, er­
gänzt Kollege Mathias Ussler.
Sechs Auswerterinnen und Aus­
werter prüfen die Röntgenbil­
der derzeit pro Schicht – ebenso
wie die Kolleginnen und Kolle­
gen „draußen“ 24/7, an jedem
Tag im Jahr.
Im Auswertungsraum herrscht
konzentrierte Ruhe. Durchs
Fenster kann man den weißen
Lkw der TMR mit seinem Scan­
ner sehen, der im Zeitlupen­
tempo an den Container­
schlangen vorbeirollt. Wie oft
sie etwas finden? „Ständig“,
antwortet Auswerter Dennis
Korth trocken. Er und Kollegin
Ramona Behrends haben ihre
Schicht gerade begonnen. Bis
22.15 Uhr prüfen sie jetzt
Röntgenbilder aus dem Inne­
ren der Container. Verschie­
denste Farb- und Strukturfilter
des eigens für die TMR entwi­
ckelten Programms helfen ih­
nen, den Inhalt besser sehen
und einordnen zu können, er­
klären die Profis und demons­
trieren anhand einiger Beispie­
le, dass ihren geübten Augen
nur wenig entgeht. „Sehen Sie
die Revolver?“ Nein. Wo?! „Na,
gucken Sie mal genau hin!“
Beim besten Willen sind in die­
sem Umzugscontainer keine
Waffen auszumachen. Für den
Laien. Dennis Korth verändert
ein paar Farb- und Kontrastein­
stellungen und fährt mit dem
Mauszeiger auf einen Karton
im hinteren Drittel des Contai­
ners zu. Vergrößert die Ansicht.
Aha! Jetzt sieht man sie: zwei
schiefliegende Waffen, wo­
möglich zwischen Büchern
oder Zeitschriften. Angemel­
det waren die Schießgeräte
nicht. „Sowas haben wir ganz
oft“, erklärt Korth: „Waren, die
nicht gelistet sind, nicht die
Waren, die angemeldet sind,
sondern andere – also etwa
Waffen, Munition, Alkohol, Zi­
garetten.“ Besonders gerne
präsentieren die Auswärter ei­
nen ihrer ansehnlichsten Fun­
de: einen ganzen Panzer, der
ebenfalls undeklariert als „Um­
zugsgut“ durchgeschmuggelt
werden sollte. Bei knapp 1000
Überprüfungen gebe es rund
500 Treffer, umreißt Sonja Tolle
die Quote des TMR-Teams.
„Schulung, Erfahrung, Bauch­
gefühl und das gewisse Quänt­
chen Glück sind auch bei uns
das A und O“, weiß sie. Und
auch hier die Erkenntnis: „Eine
lückenlose Kontrolle können
wir in Anbetracht der Massen
an Ein-, Aus- und Durchfuhren
nicht leisten“, bestätigt Tolle.
Gleichwohl sei die TMR eine
enorm effiziente Methode –
„die Alternative wäre schließ­
lich, wie früher alles aus- und
wieder einzuräumen“, sagt Tol­
le, „das können wir schlechter­
dings machen.“ Haben die Zöll­
ner mithilfe der TMR einen
„zollrechtlich relevanten Fund“
gemacht, folgt das gleiche Pro­
zedere wie bei den „Fußtrup­
pen“ auf dem Hafengelände:
Der betreffende Container
wird gesperrt. Dann komplett
entladen, die „nicht einfuhrfä­
hige Ware“ wird sichergestellt.
Im Anschluss geht der Vorgang
an das Zollfahndungsamt, das
auch direkt im Hafen vor Ort
ist. Es folgen Steuerbescheid
und Strafverfahren.
„Klar ist das jedes Mal ein ge­
wisses Hochgefühl, wenn wir
was finden“, sagt Mathias Uss­
ler. „Aber hier flippt jetzt auch
keiner aus, wenn da was ist –
nächstes Bild, nächster Fall, so
ist das bei uns“, erklärt der Pro­
fi, und alle nicken zustimmend.
„Wir machen hier einfach unse­
ren Job – für Sicherheit, Steuer­
gerechtigkeit und die Finanzie­
rung unseres Gemeinwesens.“
Und so gehen die Zöllner in
Bremerhaven Tag für Tag wie­
der ans Werk. Hochkonzen­
triert – bis zum nächsten Fund.
Und der kommt bestimmt.
Britta Ibald
reportage
<
Die Röntgenbild-
auswerter: „Wir fin­
den ständig was“,
sagen Ramona Beh­
rends und Dennis
Korth. Einmal war es
sogar ein Panzer,
deklariert als „Um­
zugsgut“.
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