dbb magazin 1-2/2019 - page 19

reportage
ebenfalls in luftiger Arbeitshöhe
auf einer Leiter, gerade die Klap­
pe ab, hinter der die Kühlanlage
des Stahlkastens verstaut ist. „In
den Hohlräumen werden auch
gerne Päckchen mit Kokain ver­
steckt“, weiß Roes, diesmal wird
er jedoch nicht fündig, gibt er
seinen Kollegen Henning Melzer
und Florian Lange zu Protokoll.
Schnell die Schrauben mit dem
Akkugerät wieder reindrehen,
runter von der Leiter, auf zum
nächsten Kontrollobjekt.
<
Rund um die Uhr,
sieben Tage die Woche
Rund um die Uhr arbeitet der
Zoll in Bremerhaven, im Drei-
Schicht-System an sieben Ta-
gen die Woche, und trotzdem
scheint der Berg von Contai­
nern, die es zu kontrollieren gilt,
schier unüberwindbar. Fast fünf
Kilometer misst die Kaje des
Containerterminals, jährlich le­
gen hier am längsten Stromkai
der Welt mehr als 3000 Groß­
containerschiffe an, im vergan­
genen Jahr wurden insgesamt
rund 61 Millionen Tonnen See­
güter umgeschlagen – in über
fünf Millionen Standardcontai­
nern. Viele davon bleiben nur
wenige Stunden, bis sie weiter­
verschifft oder mit Bahn und
Lkw abtransportiert werden.
Maximal 50 Containerkontrol­
len schaffen die Zöllner im Kon­
trollraum von Tim Spreckelsen
pro Schicht. Welche Container
sich die Kolleginnen und Kolle­
gen vornehmen, legt Kontroll­
einheit 24 fest: das Team „Risi­
kobewertung“.
<
Risikoorientierte
Auswahl von Objekten
„Spürnase, Erfahrung, Bauch­
gefühl“, benennt Teamleiter
Tobias Rein die Eigenschaften,
die er und seine Kollegen an
den Tag legen, um einzuschät­
zen, wie hoch das Risiko eines
Schmuggels bei bestimmten
Containern ist. Die Parameter,
die sie dabei anlegen, sind, na
klar, „geheim“. Aber es liege na­
türlich nahe, dass Herkunfts­
land, Fracht und Route eine ge­
wisse Rolle spielten. Obst aus
Südamerika? Rein lächelt – und
schweigt. Die Container, die die
Bewerter als risikobehaftet
identifiziert haben, werden von
den riesigen Stapelwagen, den
Van Carriern der Terminalbe­
treiber, auf eine Kontrollfläche
im Freihafen gebracht und sind
solange gesperrt, bis sie kon­
trolliert und wieder freigege­
ben werden. „Wir bemühen
uns natürlich, die Kontrollen
binnen weniger Stunden über
die Bühne zu bringen“, sagt Tim
Spreckelsen, man könne und
wolle schließlich nicht den gan­
zen Betrieb lahmlegen. Gleich­
zeitig sind sich die Bremerhave­
ner Zöllner darüber im Klaren,
dass ihre Kontrollen nur ein
Tropfen auf den heißen Stein
sein können. Zwar ist die Suche
nach Drogen hier seit drei Jah­
ren ein Schwerpunkt der Zoll­
kontrollen, und das Team an
der Waterkant erhält zusätzli­
che Kräfte von anderen Dienst­
stellen zur Unterstützung.
„Aber wir können nicht überall
sein“, räumt Spreckelsen unum­
wunden ein. Aus den südameri­
kanischen Ländern, in denen
der für die Herstellung von Ko­
kain genutzte Anbau der Ko­
kapflanze im großen Stil betrie­
ben wird – Kolumbien, Bolivien,
Peru –, kommen allein in Bre­
merhaven jährlich mehrere
Hunderttausend Container an.
Zahlen des Bundeskriminal­
amts belegen, dass der Rausch­
gifthandel in Deutschland ein
neues Rekordniveau erreicht
hat – vor allem die Kokainmen­
ge nimmt deutlich zu. „Das
zeigt uns, dass der Drogenfluss
nahezu ungebrochen ist“, stellt
Spreckelsen nüchtern fest. Im­
mer wieder entdecken er und
<
„Wir können nicht überall sein“, weiß Tim Spreckelsen, der für die Zoll-
kontrollen im Raum Bremerhaven zuständig ist. Aber regelmäßig spüren
die Zöllner Drogen auf und ziehen sie aus dem Verkehr – im letzten Jahr
sogar eine stolze Ladung von 1,1 Tonnen Kokain.
<
Luftige Höhe: Laderaum und Kühlanlage sind beliebte Verstecke bei den
Drogenschmugglern. Damit die Zöllner rankommen, sind schweres
Werkzeug und Kletterkünste gefragt.
© Hauptzollamt Bremerhaven
© Hauptzollamt Bremerhaven
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