CESI fordert sozialere EU-Vergaberichtlinien
Unter der Prämisse nötiger Entbürokratisierung bereitet die Kommission eine Revision der EU-Richtlinien für das öffentliche Vergabewesen vor.
Die Europäische Union Unabhängiger Gewerkschaften (CESI) begrüßt diesen Prozess – fordert aber eine konsequente Neuausrichtung der Regeln an verbindliche soziale Kriterien. Nur so kann das europäisch geregelte Vergaberecht endlich seinen Beitrag zu fairen Arbeitsbedingungen und einem sozialen Europa leisten.
In einer aktuellen Stellungnahme zur öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission hebt die CESI hervor, dass soziale und arbeitsrechtliche Standards in Ausschreibungen für öffentliche Aufträge nicht länger dem Primat des ‚billigsten Angebots‘ geopfert werden dürfen – wie es zu häufig der Fall ist. Stattdessen müsse das öffentliche Vergabewesen – das immerhin rund 14 Prozent des EU-BIP umfasst – strategisch genutzt werden, um soziale Gerechtigkeit und gute Arbeitsbedingungen europaweit zu stärken. CESI-Generalsekretär Klaus Heeger unterstreicht: „Wenn für Firmen allein der niedrigste Preis den Zuschlag für einen Auftrag bedeutet, öffnet das Tür und Tor für eine Spirale des Sozialdumpings, denn Firmen, die Beschäftigte anständig bezahlen, leiden unter Wettbewerbsnachteilen gegenüber solchen, die Arbeitskosten bewusst drücken. Hier müssen EU-Regeln im Sinne der Arbeitnehmer angepasst werden.“
Ein zentrales Anliegen der CESI ist die verpflichtende Einbeziehung sozialer Kriterien in allen öffentlichen Ausschreibungsverfahren. Unternehmen, die keine Tarifverträge anwenden oder Mindestlöhne unterlaufen, dürften künftig nicht mehr bevorzugt werden. „Wenn soziale Kriterien im EU-Vergaberecht wie bislang nur eine Option bleiben, dann bleibt auch sozialer Fortschritt optional. Das kann und darf nicht der Anspruch eines sozialen Europas sein“, mahnt Klaus Heeger.
Gleichzeitig sollen nach Vorstellungen der CESI Gewerkschaften und Beschäftigtenvertretungen systematisch in die Planung und Durchführung von Vergaben eingebunden werden, um Missbrauch und Dumping frühzeitig zu verhindern.
Ein weiteres zentrales Anliegen der CESI ist der Schutz der Beschäftigten bei Betreiberwechseln unter öffentlichen Aufträgen. Der Verlust von Arbeitsplatzsicherheit, Lohnansprüchen oder Dienstzeiten bei Neuvergaben öffentlicher Dienstleistungen müsse künftig verhindert werden. Nur so könne öffentlicher Wettbewerb mit sozialer Stabilität in Einklang gebracht werden.
Solange eine Revision der momentan zutreffenden EU-Vergaberichtlinien noch aussteht, fordert die CESI bereits kurzfristige Verbesserungen: mehr Schulungen für öffentliche Auftraggeber und deren personal, eine stärkere Nutzung digitaler Verfahren in öffentlichen Vergaben, mehr Austausch bewährter Praktiken unter Mitgliedstaaten und Behörden, und ein robusterer Schutz vor Korruption im Beschaffungswesen.
Neben der Reform des Vergaberechts spricht sich die CESI für eine Parallelüberarbeitung der EU-Regeln für staatliche Beihilfen aus. Auch dort müsse die sogenannte ‚soziale Konditionalität‘ analog zum öffentlichen Vergaberecht verankert werden – insbesondere in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung und den sektorspezifischen Leitlinien. „Staatliche Beihilfen sind und bleiben öffentliches Geld, das verteilt wird – und dieses Geld darf nicht länger Unternehmen stützen, die prekäre Beschäftigung praktizieren“, betont Klaus Heeger.
Die vollständige Stellungnahme der CESI zur Revision des EU-Vergaberechts kann auf der Website der CESI eingesehen werden.