EU-Beamte im Portrait
Warum gehen Deutsche nach Brüssel? Wie kommen sie in den europäischen öffentlichen Dienst? „Kohls Visionen für Europa begeisterten mich", sagt der EU-Beamte Georg Becker.
„Mich hat Helmut Kohl für Europa motiviert“, sagt Becker unumwunden. „Das war die Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung. Da stand das vereinte Europa auf der Tagesordnung. Deshalb wollte ich da hin und an diesem politischen Projekt mitarbeiten.“ Georg Becker ist Abteilungsleiter im Europäischen Parlament, lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Brüssel. Der 53jährige Rheinland-Pfälzer begann seine Brüsseler Karriere als Praktikant bei der Deutschen Bahn. Heute ist er in der Generaldirektion für Finanzen für IT und das e-Portal des Parlaments zuständig.
Während er als Assistent für einen EU-Abgeordneten arbeitete, bereitete Becker sich auf die Auswahlverfahren der Europäischen Institutionen vor. EU-Beamter zu werden war sein Ziel. „Die Concours sind nicht einfach und vor allem auf das französische Bildungssystem zugeschnitten, aber man kann sich auch als Deutscher erfolgreich auf sie vorbereiten.“ Becker absolvierte nach juristischem Studium ein politikwissenschaftliches Postgraduiertenstudium. „Vor meiner Zeit in Brüssel hatte ich keine besondere Auslandserfahrung. Die Erfahrung im Abgeordnetenbüro und die bestandenen Auswahlverfahren, der „berüchtigte“ Concours sowie ein internes Auswahlverfahren des Parlaments 2013, öffneten mir die Tür.“
In Brüssel beobachtet Becker, dass immer weniger Deutsche den Weg in die europäische Verwaltung finden - selbst deutschsprachige Praktikantinnen und Praktikanten würden seltener. Allerdings finde man auch die Skandinavier wesentlich seltener unter den Kollegen. Wieder andere EU-Staaten entsendeten gezielt Kandidatinnen und Kandidaten zur EU, um sie fit für europäische Aufgaben zu Hause zu machen. „Die Möglichkeit, nationaler Experte zu werden, scheint in vielen Bundes- und Landesministerien aber auch in nachgeordneten Behörden recht unbekannt zu sein, oder sie wird nicht besonders gefördert“, vermutet Becker. „In vielen EU-Staaten werden die Leute noch während der Ausbildung auf den Concours vorbereitet. Die haben eine bessere Ausgangslage.“ Mit oder ohne solche Unterstützung ist eine Brüsseler Beamtenlaufbahn ein lohnendes Ziel, findet Becker. Die Entscheidung nach Europa zu gehen, hat er jedenfalls niemals bedauert.