Digitale Verwaltung

EU-Verordnung über digitale Reiseausweise

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Die EU-Kommission hat eine Verordnung über digitale Reiseausweise vorgeschlagen. Der dbb bemängelt fehlende Voraussetzungen in Deutschland und warnt vor Ungleichzeitigkeiten.

Der dbb betrachtet die Einführung digitaler Pässe und Personalausweise als einen konsequenten und im Grundsatz willkommenen Modernisierungsschritt. In seiner Stellungnahme teilt der dbb die Auffassung, dass digitale Reisedokumente zu einer Zeitersparnis beim Überschreiten der Außengrenzen der Europäischen Union führen können. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger trügen digitale Ausweise dazu bei, die digitale Abwicklung von Verwaltungsvorgängen zu vereinfachen und gegebenenfalls zu beschleunigen.

"Bei der Einführung digitaler Pässe und Personalausweise ist zu beachten, dass elektronische Identifizierungssysteme besonders hohe Anforderungen an die Datensicherheit stellen."

Der dbb betrachtet allerdings die heterogene Umsetzung der europäischen Digitalisierungsziele durch die EU-Mitgliedstaaten mit Sorge. Asynchrone Umsetzungen und nationale oder, schlimmer noch, regionale digitale Insellösungen führten zu einer Fragmentierung, die der Freizügigkeit eher schadete als nutzte und die darüber hinaus auch für die Arbeit der nationalen Finanz- und Sicherheitsbehörden nachteilig wäre.

Der dbb äußert Zweifel, dass die angestrebte Kohärenz schnell erreicht werden kann. Die Orientierung an den Unionsvorschriften zu physischen Personalausweisen erscheine zweckmäßig, sei jedoch angesichts der höchst unterschiedlichen Digitalisierungserfolge der Verwaltungen der Mitgliedstaaten unzureichend. "Damit die Ziele der Strategie „Digitales Europa“ wie der Zugang zu digitaler Identifizierung für alle EU-Bürgerinnen und Bürger bis 2030 erreicht werden können, bedarf es insbesondere in Deutschland größter Anstrengungen."

Der dbb heißt die Zielsetzungen der EU-Kommission im Grundsatz gut, befürchtet aber, dass es Defizite bei der technischen Umsetzung geben wird. Hinzu komme, dass die Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur hohe Investitionssummen erfordere.

Der dbb wünscht sich vor allem für seine Fachgewerkschaften eine bessere Einbindung als bei den bisherigen Modernisierungsschritten. Die Abstimmung mit den nationalen Behörden sei unbedingte Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung.

"In der Vergangenheit hat mangelhafte Einbindung zu fragwürdigen Ergebnissen beigetragen. Bei der Digitalisierung zum Beispiel der Zoll-Ausfuhrbescheinigungen zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer existieren EU-weit eine Vielzahl nationaler Systeme, die vor circa zehn Jahren unnötigerweise in Eigenregie bzw. ohne EU-Koordinierung entwickelt wurden. In Deutschland wird eine solche Insellösung sogar erst jetzt entwickelt."

Im Vorschlag zur digitalen EU-Reise-App steht nun, die Kommission könne diese erst ab 2030 zur Verfügung stellen. Vorher wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, nationale Systeme für die Verwendung digitaler Dokumente einzuführen. 2030 ist aus Sicht des dbb ein viel zu später Zeitpunkt für die technische Harmonisierung. Zudem sei dieser zweigleisige Ansatz, die unkoordinierte nationale Einführung im ersten Schritt, genau das, was zu einer erheblichen Fragmentierung der IT-Systeme der öffentlichen Verwaltungen in den EU-Mitgliedstaaten geführt habe.

"So gibt es bei so gut wie allen IT-Fachverfahren im Zoll- und Steuerbereich keine gegenseitigen Verknüpfungen der Datenbanken der Mitgliedstaaten, was von (organisierten) Wirtschaftskriminellen ausgenutzt wird." Die digitalen Pässe und Personalausweise seien für die innere Sicherheit von größter Bedeutung und ohne Schnittstellen zwischen den nationalen Datenbanken eine weitere offene Flanke für Kriminelle.

Die Ungleichzeitigkeit der Einführung der Systeme würde zudem eine Doppelbelastung der Beschäftigten nach sich ziehen, da sie offenbar parallel zu bestehenden Systemen erfolgen soll. Zudem soll die Verwendung digitaler Dokumente auf Freiwilligkeit beruhen. Insoweit können die dbb Gewerkschaften im Bereich von Finanzverwaltung und innerer Sicherheit auch nicht nachvollziehen, wie auf diese Weise ein Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität geleistet werden soll. Das gelte insbesondere dann, wenn die Kontrolldichte bei physischen Kontrollen reduziert werden soll.

Insgesamt befürwortet der dbb also in Bezug auf die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung miteinander kompatible europäische Lösungen, für die allerdings zunächst die politischen und technischen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten erfüllt sein müssen.

Hintergrund

Der dbb beamtenbund und tarifunion setzt sich ausdrücklich für eine modernsten Standards genügende digitale Verwaltung ein. Insbesondere Deutschland liege jedoch bei der Digitalisierung seiner Verwaltung hinter vielen EU-Staaten zurück.

Der dbb spricht sich klar für eine digitale Verwaltung aus, die zu einer rechtssicheren Beschleunigung der Verwaltungsverfahren beiträgt und Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen effektiv entlastet. Der dbb erwartet von der vollständigen Digitalisierung aller Verwaltungsvorgänge nicht nur eine höhere Nutzerfreundlichkeit, sondern auch deutliche Verbesserungen für die Arbeitsbedingungen der in der öffentlichen Verwaltung beschäftigten Beamtinnen, Beamten und Angestellten.

Der dbb sieht mit Sorge, dass Deutschland bei der Umsetzung europäischen Rechts im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung zurückliegt. Die volle Umsetzung der Single Digital Gateway Verordnung (SDG) ist zentrale Voraussetzung weiterer europäischer Digitalisierungsziele.

Das Onlinezugangsgesetz (OZG), mit dem die Anforderungen der SDG-Verordnung bis Ende 2023 umgesetzt werden sollten, bedurfte eines Änderungsgesetzes, das am 24. Juli 2024 in Kraft getreten ist. Die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen erfolgt insofern mit einiger Verspätung.

"Die Bediensteten der öffentlichen Verwaltung warten auf eine End-to-End Digitalisierung, um von repetitiven, nicht mehr zeitgemäßen Aufgaben entlastet werden zu können. Angesichts des Fachkräftemangels und der laufenden Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge ist die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen auch eine Notwendigkeit, um die Kontinuität öffentlicher Dienstleistungen in der Zukunft zu gewährleisten."

 

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