Kampf gegen Online-Hetze: EU-Kommission setzt auf freiwilligen Kodex
Die EU-Kommission feiert die Aufnahme eines überarbeiteten Verhaltenskodexes gegen Hetze ins Gesetz über digitale Dienste.
Doch Kritiker könnten den Schritt als Symbolpolitik sehen: Die Regeln sind freiwillig, und die Verantwortung liegt vor allem bei den Plattformen. Fraglich ist, ob dies ausreicht, um Hassrede effektiv zu bekämpfen.
Die EU-Kommission und das Europäische Gremium für digitale Dienste haben die Integration eines erweiterten Verhaltenskodexes gegen illegale Hetze in den rechtlichen Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) begrüßt. Ziel des sogenannten „Verhaltenskodex+“ ist es, Online-Plattformen wie Facebook, TikTok oder YouTube stärker in die Verantwortung zu nehmen, um die Verbreitung von Hassrede einzudämmen.
Der Kodex baut auf einer früheren Version von 2016 auf und soll die Maßnahmen der Plattformen straffen. Unterzeichner verpflichten sich beispielsweise, gemeldete Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu prüfen, die Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft zu intensivieren und automatische Erkennungstechnologien einzusetzen. Auch regelmäßige Berichte über die Reichweite und Art von Hassreden, inklusive länderspezifischer Daten, sollen vorgelegt werden. Zudem sollen Monitoring-Gruppen, darunter gemeinnützige Organisationen, als „vertrauenswürdige Flagger“ die Überprüfung gemeldeter Inhalte überwachen.
Obwohl die Kommission den Kodex als bedeutenden Fortschritt lobt, sind die Regeln nicht bindend. Plattformen können ihn nutzen, um zu zeigen, dass sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, doch dies entbindet sie nicht von der strikten Einhaltung des DSA. Kritiker bemängeln, dass freiwillige Verhaltenskodizes oft eine unzureichende Alternative zu verbindlichen gesetzlichen Vorgaben darstellen. Die eigentliche Verantwortung für die Bekämpfung von Hetze wird damit weitgehend den Plattformen und zivilgesellschaftlichen Akteuren überlassen, während staatliche Behörden eine eher beobachtende Rolle einnehmen.
Hintergrund ist, dass Hetze im Netz ein zunehmendes Problem für die Demokratie und die Grundrechte darstellt. Während einige EU-Mitgliedstaaten bereits strengere Maßnahmen gegen Hassverbrechen eingeführt haben, bleiben die Umsetzungen europaweit uneinheitlich. Die Kommission hat vorgeschlagen, die Bekämpfung von Hassverbrechen und Hetze auf EU-Ebene weiter zu verstärken, doch die Einigung zwischen den Mitgliedstaaten gestaltet sich schwierig.
Michael McGrath, EU-Kommissar für Demokratie, betonte: „Hass und Polarisierung bedrohen die Werte und Grundrechte der EU und untergraben die Stabilität unserer Demokratien. Das Internet verstärkt die negativen Auswirkungen von Hassreden.“ Dennoch setzt die EU weiterhin auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Plattformen und darauf, dass der Verhaltenskodex+ eine „solide Reaktion“ ermöglicht.
Die Aufnahme des Kodex ins Gesetz über digitale Dienste mag ein Zeichen setzen, doch die Wirksamkeit wird letztlich davon abhängen, wie konsequent Plattformen und Aufsichtsbehörden handeln.