Entschließung
Keine Zeit für Protestwahlen –Zeit, die Demokratie zu bewahren
Vom 6. bis 9. Juni finden die Europawahlen statt. In Deutschland wird am 9. Juni gewählt. Nicht nur hierzulande wird mit großer Spannung auf diesen Termin geschaut.
Denn aktuell sagen sämtliche Umfragen für ganz Europa ein Schrumpfen der die europäische Einigung bejahenden Parteien und eine erhebliche Zunahme europaskeptischer, insbesondere radikal rechter und rechtsextremistischer Parteien voraus. Dieser Trend lässt sich durch Gesicht zeigen umkehren!
Die Umfragen und auch jüngere Wahlergebnisse in Deutschland und Europa bestätigen eine starke gesellschaftliche Polarisierung, die Protestwahlen begünstigt. Viele Menschen verübeln den etablierten Parteien, dass es in diesen krisenbewegten Zeiten noch nicht gelungen ist, wieder dauerhaft in ruhigere Fahrwasser zu kommen. Zwar verschieben sich die Grenzen des Sag- und Denkbaren in beachtlicher Geschwindigkeit. Noch teilt aber nur eine Minderheit der Protestwähler offen rechtsextreme Einstellungen. Die Enttäuschten gilt es durch Dialog für die Demokratie zurückzugewinnen!
Die allgemeine Verunsicherung spiegelt sich in Ängsten zuweilen auch in Hass und Wut und offener Gewalt. Die Protestparteien verstehen es gut, diese Ängste zu bedienen. Sie haben erkannt, wie sie sich das aufrührerische Potenzial digitaler Kommunikationsräume zunutze machen können. So leiten sie die Unzufriedenheit auf ihre Mühlen. Die sozialen Medien dürfen wir nicht denjenigen überlassen, die Hass und Hetze verbreiten!
Auch wir Beschäftigte im öffentlichen Dienst erleben die allgemeine Verunsicherung. Auch wir sind ganz normale Menschen mit unterschiedlichsten politischen Überzeugungen. Allerdings verpflichtet uns besonders das Dienstrecht aus gutem Grunde zu Maß und Mitte und zu einer strikten Trennung eigener politischer Anschauungen vom Amt. Was uns im öffentlichen Dienst eint, ist die große Bedeutung, die der Eid auf die Verfassung, das Grundgesetz, für uns hat. Extremismus, ob von links oder rechts, religiös oder säkular motiviert, lehnen wir in jeder Form ab. Besonders im öffentlichen Dienst haben Extremisten nichts verloren!
Der dbb als Dachverband von über 40 Gewerkschaften des öffentlichen Diensts steht für Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Extremistische Parteien stellen jedoch unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage. Deshalb rufen wir unsere 1.3 Millionen Mitglieder dazu auf, am 9. Juni zur Europawahl zu gehen und ihre Stimme nicht an Protestparteien zu vergeben. Denn diese Kräfte der Verneinung haben nichts zu bieten. Sie leisten keinen Beitrag zur Lösung der Probleme, die uns in Deutschland und Europa beschäftigen. Vielmehr stellen einige von ihnen die freiheitliche Demokratie offen in Frage. Wir müssen ihnen entschlossen entgegentreten!
Wir stehen ein für ein Europa,
das die Werte bewahrt und verteidigt, die auch den Grundrechten unseres Grundgesetzes sowie der Europäischen Menschenrechtecharta und den Menschenrechtskonventionen zugrunde liegen;
in dem wir Europäerinnen und Europäer grenzübergreifend zusammenarbeiten, um die großen Fragen unserer Zeit zu beantworten und gemeinsam Probleme zu lösen oder zumindest beherrschbar zu machen;
mit einem starken Binnenmarkt, der unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den großen Wirtschaftsmächten des 21. Jahrhunderts sicherstellt und uns weiterhin erlaubt, Standards zu setzen und Zugänge zu Märkten und zu Ressourcen zu sichern;
starker und lebenswerter Regionen, in dem Wohlstand und soziale Sicherheit sich auf hohem Niveau annähern;
offener Binnengrenzen, das seine Außengrenzen so kontrolliert und vor irregulärer Migration schützt, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder auf die staatliche und überstaatliche Handlungsfähigkeit vertrauen können;
Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit vorantreibt und Bürgerrechte und –pflichten mit dem Gemeinwohl in Einklang bringt;
der Freiheit und der Solidarität, in dem Überregulierung vermieden und sozialer Zusammenhalt gestärkt werden;
das sich auf eine gemeinsame Energiepolitik verständigt und Klima- und Umweltschutz in einem Tempo vorantreibt, das für die Zielerreichung Notwendiges und die Akzeptanz großer Mehrheiten vereinbar macht;
die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen befördert und dies auch, ohne zu bevormunden, mit einer fairen Handelspolitik abbildet;
das in der Welt mit einer Stimme spricht und so Europas Platz im Konzert der Mächte des 21. Jahrhunderts sichert;
sich die notwendigen Mittel gibt, seine Freiheit und seine Unabhängigkeit zu verteidigen;
sich als reformfähig erweist, um seine Handlungsfähigkeit vor allem mit Blick auf die nächsten EU-Erweiterungen deutlich zu verbessern und effektive Mechanismen schafft, um Blockadehaltungen zu verhindern;
öffentliche Verwaltung und öffentliche Dienstleistungen als Garanten seiner Ordnung versteht und besonders hier die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachtet.
Wir fordern von der europäischen Politik
eine Stärkung der Rechtsstaatsregeln, damit kein Mitgliedstaat aus dem Verband der freiheitlichen Demokratien ausscheren kann;
weitere Impulse für die Digitalisierung, denn die Lösungen und die Standards müssen im Binnenmarkt (und damit auch innerhalb Deutschlands!) barrierefrei sein;
gemeinsame Anstrengungen für einen europäischen Energiemarkt, der Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen gewährleistet;
Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des Green Deal mit mehr Anreizen und weniger Verboten, die für die Menschen besser nachvollziehbar sind;
Unterstützung für die Umsetzung der Ziele der Säule sozialer Rechte, ohne dabei die Tarifautonomie und den Grundsatz der Subsidiarität in Frage zu stellen;
einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen, eine wirksame Begrenzung ungesteuerter sowie die Verhinderung irregulärer Zuwanderung und eine menschenrechtskonforme, solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie, mit Blick auf die demografische Alterung, eine arbeitsmarktorientierte Migrationspolitik;
weniger bürokratische Vorgaben in Detailfragen und mehr überzeugende Regelungen in den großen Fragen unserer Zeit;
die strikte Einhaltung des One in, One out Grundsatzes in der Rechtsetzung als konkreter Beitrag zur Entbürokratisierung;
Mindestvorschriften, die dazu einladen, dass die Mitgliedstaaten sich bei der Umsetzung von Richtlinien auf den definierten Harmonisierungsgrund konzentrieren und nicht überregulieren;
eine Entlastung unserer Unternehmen, auch und gerade der KMU, und damit auch der öffentlichen Verwaltung von unnötigen Berichtspflichten;
eine Stärkung der europäischen Kommunen und der kommunalen Selbstverwaltung durch eine bessere Rechtsfolgenevaluation;
dass Europa in der Welt mit einer Stimme spricht oder zumindest weniger uneinheitlich auftritt;
Impulse für den Aufbau europäischer Streitkräfte, die für eine effektive europäische Verteidigungsfähigkeit sorgen.