Sozialverträglicher Wettbewerb: Zukunftsagenda für die EU
Die Wettbewerbsfähigkeit rückt in der EU-Politik zunehmend in den Fokus – vor dem Hintergrund globaler Umbrüche, geopolitischer Spannungen und industrieller Transformation.
Die Europäische Union Unabhängiger Gewerkschaften (CESI) warnt: Wettbewerbsfähigkeit darf nicht zu Lasten von Beschäftigten und öffentlichen Diensten gehen. In einer aktuellen Resolution macht sich die CESI für eine faire, soziale und nachhaltige Wettbewerbsagenda stark.
Wettbewerbsfähigkeit beginnt bei den Menschen
Grundsätzlich fordert die CESI, dass die soziale Dimension in der europäischen Wettbewerbsstrategie fest verankert wird. Grundlage einer resilienten Wirtschaft seien gut ausgestattete öffentliche Dienste, ein belastbarer Sozialstaat und effektive, aktive Arbeitsmarktpolitik. Gerade in Zeiten multipler Transformationen – sei es im Zuge der Dekarbonisierung, Digitalisierung oder sicherheitspolitischen Herausforderungen – brauche es verlässliche Strukturen und sozialpartnerschaftliche Lösungen in der Wirtschaftspolitik.
CESI-Generalsekretär Klaus Heeger betont: „Wettbewerbsfähigkeit darf kein Synonym für Deregulierung und Sozialabbau sein. Europa muss seine Stärke aus dem ziehen, was es einzigartig macht: leistungsfähige öffentliche Dienste, qualifizierte Beschäftigte und gelebte Sozialpartnerschaft.“
Öffentliche Dienste als Standortfaktor
Laut CESI sind funktionierende Verwaltungen, hochwertige Bildungssysteme, leistungsfähige Gesundheitsversorgung und gut ausgestattete Arbeitsverwaltungen kein Luxus – sie sind Standortfaktoren. Deshalb müssten Investitionen in öffentliche Infrastrukturen, Digitalisierung und das Personal Vorrang haben. Zudem fordert die CESI, dass die EU-Vergaberichtlinien reformiert werden, um soziale Kriterien für Dienstleister stärker zu berücksichtigen.
Zentrale Forderung: Die EU muss öffentliche Dienste als produktivitätssteigernde Infrastruktur begreifen und gezielt fördern, da auch laut OECD Länder mit starker Daseinsvorsorge und etablierter institutionalisierter Sozialpartnerschaft besser durch Krisen kommen und langfristig stabileres Wachstum verzeichnen.
Sozialpartnerschaft als Motor für Wandel
So fordert die CESI, dass Gewerkschaften und Sozialpartner systematisch und verbindlich in die europäische Wirtschaftssteuerung eingebunden werden – insbesondere im Rahmen des Europäischen Semesters und bei der Umsetzung industriepolitischer Pläne wie dem Clean Industrial Deal. Der Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Staat und Beschäftigten sei der Schlüssel, um Transformationen erfolgreich und sozialverträglich zu gestalten.
Ein besonderes Augenmerk legt die CESI auf die Rolle von Aus- und Weiterbildung. Bildungssysteme müssten stärker auf die Bedarfe der digitalen und grünen Transformation ausgerichtet werden. Dabei gehe es nicht nur um technologische Fähigkeiten, sondern auch um Chancengleichheit und Teilhabe.
CESI-Generalsekretär Klaus Heeger erklärt: „Eine zukunftsfähige Wettbewerbsfähigkeit braucht qualifizierte Menschen, nicht nur Maschinen. Europa muss massiv in sein Human Capital investieren – das beginnt mit Bildung, geht über berufliche Weiterbildung und reicht bis zu attraktiven Arbeitsbedingungen, vor allem auch im öffentlichen Dienst.“
Reform statt Sozialabbau
Kritisch sieht die CESI Ansätze, Wettbewerbsfähigkeit primär durch Kostenreduktion, Stellenabbau oder Deregulierung erreichen zu wollen. Erfahrungen aus anderen Teilen der Welt – jüngst vor allem den USA – hätten gezeigt, dass solche Strategien zu sozialer Instabilität und wachsender Ungleichheit führen. Europa dürfe diesen Fehler nicht wiederholen.
Stattdessen brauche es eine ausgewogene Politik, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit miteinander verbindet. Das bedeutet: Reformen ja – aber mit Augenmaß und unter Einbindung der Betroffenen. Digitalisierung dürfe nicht zum Vorwand werden, um Personal abzubauen, sondern müsse produktivitätssteigernd und beschäftigtenorientiert gestaltet werden. Nur ein sozial gerechtes Europa ist ein wettbewerbsfähiges Europa.
Die neue Resolution der CESI zur Wettbewerbsagenda ist auf der Website der CESI einsehbar.