EU-Sozialpartnergipfel in Val Duchesse: Eine verspielte Chance
Am 31. Januar luden die EU-Kommissionspräsidentin und der belgische Ministerpräsident zum EU-Sozialpartnergipfel im Brüsseler Schloss Val Duchesse.
Was als Auftakt zur Stärkung des sozialen Dialogs in Europa gedacht war, geriet leider zur verspielten Chance. Was als Auftakt zur Stärkung des sozialen Dialogs in Europa gedacht war, geriet leider zur verspielten Chance.
Als Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer jährlichen ‘State of the Union’-Ansprache vor dem Europäischen Parlament im vergangenen September einen EU-Sozialpartnergipfel ankündigte, waren europäische Gewerkschaften und Sozialpartner positiv überrascht – gar überrumpelt, waren doch nicht einmal die zuständigen Beamten der Kommission vorab in die Idee eines solchen Zusammentreffens eingeweiht gewesen.
Ein Gipfel auf höchster politischen Ebene für und mit den Sozialpartner also, 20 Jahre nach dem historischen Sozialpartnergipfel in Val Duchesse, mit dem der damalige Kommissionspräsident Jacques Delors den Grundstein des heutigen sozialen Dialogs auf europäischer Ebene gelegt hatte. Europäische Gewerkschaftsverbände hießen den Gipfel unisono willkommen, als historische Möglichkeit, den sozialen Dialog zu stärken – in Zeiten von nach wie vor hoher Inflation für Beschäftigte, sicherheits- und wirtschaftspolitischer Instabilität in Folge des Ukrainekrieg, sich durch die Digitalisierung und den grünen Wandel rasant transformierenden Arbeitsmärkten, und nicht zuletzt bedenklich bröckelnden Gewerkschaftsrechten vor allem in einigen osteuropäischen Mitgliedstaaten.
Leider geriet der Gipfel zur verpassten Chance.
Zunächst ließen die europäischen horizontalen Sozialpartner um BusinessEurope und den Europäischen Gewerkschaftsverband (EGB) nach monatelangen Gesprächen die Verhandlungen über ein neues Abkommen zur sozialverträglichen Digitalisierung am Arbeitsplatz und in den Arbeitsmärkten platzen. Dahin eine Möglichkeit, endlich wirksame Mindeststandards für Beschäftigte zum Beispiel zur Telearbeit oder der Nutzung der Arbeitgeber von künstlicher Intelligenz und Algorithmen zu schaffen. Der Gipfel war nicht zuletzt auch orchestriert worden, um dort eine Einigung zu dem Abkommen zu verkünden und zu unterschreiben.
Darüber hinaus wurde schnell klar, dass es in Val Duchesse nur ein Treffen im kleinen, exklusiven Kreis geben sollte – bemerkenswerterweise mit der bizarren Begründung, dass der Veranstaltungsort zu klein für einen größeren, inklusiveren Gipfel sei.
Es trafen sich am 31. Januar also lediglich die Spitzen der vier anerkannten europäischen Sozialpartner mit der Kommissionpräsidentin, dem Beschäftigungskommissaren und dem belgischen Ministerpräsidenten, sowie deren Entourage. Unabhängige Arbeitgebervertreter, Gewerkschaftsorganisationen und sektorale Sozialpartner wie die CESI blieben außen vor.
CESI-Generalsekretär Klaus Heeger merkte dazu in einer zum Gipfel am 31. Januar veröffentlichen Erklärung an: „Der Gipfel hätte ein Erfolg werden können, ein Zeichen für Gewerkschaftspluralismus und inklusiven sozialen Dialog, der den Erwartungen der Beschäftigten und den Bedürfnissen der Wirtschaft gerecht wird. Der Gipfel wie er in Val Duchesse abgehalten wurde, hinter verschlossenen Türen mit einer Handvoll hochrangiger Vertreter ausgewählter Institutionen und Organisationen, hat dem aber eine Bärendienst erwiesen.“
Er fügte hinzu: „Die EU-Institutionen haben den europäischen horizontalen sozialen Dialog während der letzten Jahre bereits immens gestärkt. Was es in Val Duchesse endlich gebraucht hätte, wäre ein besserer Einbezug von unabhängigen Gewerkschaftsverbänden und Arbeitgeberorganisationen und sektoralen Sozialpartnern gewesen. Wie kann man möglichst viele Beschäftigte für ein soziales Europa mitnehmen, wenn man Teile von ihnen von maßgeblichen Zusammenkünften ausschließt?“
Nicht zuletzt deshalb rief die CESI die Europäische Kommission anlässlich des Gipfels in Val Duchesse dazu auf, in ihrer Unterstützung für den europäischen sozialen Dialog und der europäischen Sozialpartnerorganisationen künftig einen inklusiveren und pluralistischeren Ansatz zu verfolgen. Dies, so Klaus Heeger, sei vor allem vor den anstehenden EU-Wahlen wichtig, wo es darum geht, möglichst viele Bürger von einem fraglos bestehenden Mehrwert der EU zu überzeugen.
Die öffentliche Erklärung der CESI zum Gipfel in Val Duchesse am 31. Januar 2024 ist auf der Website der CESI abrufbar.