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Kein Europäischer Green Deal ohne soziale Gerechtigkeit

CESI

Die europäischen unabhängigen Gewerkschaften der CESI fordern bei ihren diesjährigen "Summer Days" in Brüssel, dass beim grünen Wandel die soziale Komponente bedacht werden muss.

Für unabhängige europäische Gewerkschaften besteht kein Zweifel an der dringenden Notwendigkeit, die ökologischen Herausforderungen und den Klimawandel anzugehen.

Die unerschütterliche politische und regulatorische Ausrichtung des Europäischen Green Deal ist notwendig – dazu gibt es keine Alternative.

Und es gibt unterschiedliche Perspektiven, die es in Einklang zu bringen gilt.

Aus der Perspektive von Wirtschaft und Unternehmen erfordert ein grüner Wandel eine tiefgreifende Überarbeitung unseres derzeitigen sozioökonomischen Modells, das dazu neigt, sowohl die Menschen als auch den Planeten als Ressourcen für die Produktion von Waren und Gütern zu betrachten. Ohne Wirtschaftswachstum keine Zukunft.

Aus der Umwelt-Klima-Perspektive ist die unverzügliche Ökologisierung aller Aspekte unserer Wirtschaft, Industrien, Gesellschaften und unseres Lebens unerlässlich. Ohne geretteten Planeten keine Zukunft.

Aus der Perspektive der Gesellschaft und der Arbeitnehmer sind soziale Gerechtigkeit und Schutz sowie hochwertige, sichere und gute Arbeitsbedingungen und die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen die vorrangigen Ziele – unabhängig davon, wie die grün-ökologische Wende stattfinden mag. Keine Zukunft ohne das Wohlergehen der Menschen.

Wie lassen sich diese drei Perspektiven zusammenbringen? Die Antwort liegt im Schlagwort „Nachhaltigkeit“.

Nachhaltigkeit bedeutet langfristiger Erfolg bei industriellen Transformationen und Reformen ohne oder zumindest mit begrenzten negativen Auswirkungen für alle beteiligten Akteure. Um langfristig erfolgreich zu sein, braucht Nachhaltigkeit ein Gleichgewicht zwischen den Interessen und Bedürfnissen von Wirtschaft & Unternehmen, Gesellschaft & Beschäftigten, und nicht zuletzt Umwelt & Klima.

Es ist evident, dass die Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundenen politischen Reaktionen sehr unterschiedliche Auswirkungen auf Regionen, Sektoren, Branchen und Arbeitnehmer haben werden.

Und Gewerkschaften sollten sich nichts vormachen: Der Klimaschutz erfordert Anpassungen auf den Arbeitsmärkten über alle Branchen hinweg. Während neue Arbeitsplätze geschaffen werden, werden viele andere verloren gehen.

Neue kohlenstoffneutrale Industrien, Unternehmen und Sektoren werden entstehen, aber viele von denen, die energieintensiv sind, werden verschwinden. Selbst wenn durch die grüne Wende, wie von einigen prognostiziert, ein Nettozuwachs an Arbeitsplätzen erzielt würde, wären die Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten in betroffenen Branchen erheblich.

Vor diesem Hintergrund bedeutet Nachhaltigkeit aus sozialer Sicht die Schaffung möglichst vieler neuer hochwertiger Arbeitsplätze. Sie bedeutet, so viele nicht nachhaltige Arbeitsplätze wie möglich in nachhaltige Arbeitsplätze umzuwandeln. Sie bedeutet, groß angelegte und maßgeschneiderte Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Und sie bedeutet auch, einen angemessenen Sozialschutz für die betroffenen Beschäftigten sicherzustellen, die (aus verschiedenen Gründen) keine neue Position in der sich ökologisierenden Wirtschaft finden können.

Diese Priotitäten für Nachhaltigkeit im sozialen Sinn muss auch von der Wirtschaft, von Klimaaktivisten und von Politikern parteiübergreifend anerkannt und gebührend berücksichtigt werden.

Wenn der grüne Wandel zum Nachteil von Arbeitnehmern erfolgt, die entlassen, wegrationalisiert oder ersetzt werden, wenn er Ungleichheiten und Armut verschärft, wenn er zu großen Arbeitsplatzverlusten führt und sich negativ auf unsere Volkswirtschaften, Gesellschaften und Sozialschutzsysteme auswirkt, dann wird er an Akzeptanz und Unterstützung verlieren. Er wird nicht nachhaltig sein. Er wird scheitern.

„Niemanden zurückzulassen“ ist daher nicht nur ein moralischer Imperativ, sondern eine pragmatische Notwendigkeit.

Das Ausmaß der sozioökonomischen Herausforderungen des Klimawandels, mit der wir konfrontiert sind, ist beispiellos. Unter normalen Umständen würde die Bewältigung dieser Herausforderungen Zeit erfordern – Zeit, die wir allerdings nicht haben.

Daher ist ein rascher und inklusiver Ansatz, an dem alle relevanten Partner beteiligt sind, umso wichtiger – in allen Politikbereichen, mit Unternehmen und Arbeitnehmern, mit dem öffentlichen und privaten Sektor, mit den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft. Jetzt. Heute.

Ein starker sozialer Dialog, die Gewerkschaften und die öffentlichen Dienste sind von entscheidender Bedeutung, um die negativen Auswirkungen des ökologischen Wandels abzufedern, um den Arbeitnehmern die notwendige Unterstützung und Qualifikation zur Verfügung zu stellen, und um sozial gerechte Umstrukturierungen von Sektoren und Regionen mitzugestalten.

Gewerkschaften müssen sich im Klaren sein, dass der grüne Wandel ein Prozess ist, seine Auswirkungen nicht vollständig vorhersehbar sind, und seine Umsetzung aller Voraussicht nach nicht perfekt sein wird. Aber sie sollten immer vehement darauf pochen, dass der Preis für den Übergang nicht nur von den Schwächsten bezahlt wird.

Ein Artikel von Klaus Heeger, Generalsekretär der CESI, und Sara Rinaudo, Vorsitzende der CESI-Arbeitsgruppe zur Zukunft der Arbeit, verfasst im Rahmen der CESI Summer Days zum sozialverträglichen grünen Wandel am 29./30. Juni in Brüssel

 

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